Tilman Daab
Eine Box mit den Saatguttüten steht zum Mitnehmen bereit.

„Ausleihen, Aussäen, Ernten und Teilen“: Die Saatgutbibliothek Karlsruhe

Fast vergessene und lokale Sorten unter Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner bringen, dabei den Tauschgedanken fördern und das Ziehen von Samen wieder bekannter machen – das sind die Ziele der Saatgutbibliothek Karlsruhe. Am 10. Februar 2022 wurde das gemeinsame Projekt der grün-alternativen Hochschulgruppe am KIT (GAHG) und der Stadtbibliothek Karlsruhe eröffnet.

Die Idee hatte Nora Scholz, Mitglied der GAHG, als sie einen Nachrichtenbeitrag zur Saatgutbibliothek in Lüneburg sah: „Ich war total begeistert von dem Konzept und habe gedacht, das brauchen wir auch hier in Karlsruhe.“ In ihrer Hochschulgruppe fand sie Mitstreitende und mit der Stadtbibliothek Karlsruhe eine passende Kooperationspartnerin – gemeinsam brachten sie das Projekt auf den Weg.

Das Ergebnis befindet sich nun im ersten Obergeschoss der Stadtbibliothek Karlsruhe in der Abteilung Gartenbau: Interessierte können aus dem Regal mit über 50 Sorten Gemüse, Obst, Kräuter und Blumen wählen und kostenlos bis zu drei Saatguttütchen pro Haushalt ausleihen. „Man muss sich nicht registrieren und braucht auch keinen Bibliotheksausweis“, sagt Nora Scholz. Nur bei „roten“ Sorten müsse man die Samen an der Infotheke abholen und ein Formular mit Kontaktdaten ausfüllen, damit die Bibliothek die Personen im Zweifelsfall kontaktieren könne. Rote Sorten, also Saatguttütchen mit einem roten Punkt, sind seltener und in ihrem Anbau anspruchsvoller, zudem müssen die Gärtnerinnen und Gärtner Maßnahmen ergreifen, um Verkreuzungen mit anderen Pflanzen zu vermeiden.

Wer weniger Erfahrung damit hat, Pflanzen aus Samen zu ziehen, kann sich Saatguttütchen mit einem grünen oder gelben Punkt aussuchen. Diese einfach zu pflegenden Pflanzen sind im Regal frei zur Ausleihe verfügbar. Nach Aussaat und erfolgreicher Ernte sollen die Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner die Samen in getrockneter Form zurückbringen und die Saatgutbibliothek so wieder auffüllen. Und wenn die Ernte nicht wie gewünscht ausfällt? „Bei höherer Gewalt, beispielsweise einem Unwetter oder einer Pflanzenkrankheit, welche die Ernte zunichtemacht, dann ist das natürlich schade, aber kein Weltuntergang. Es wäre schön, wenn die Gärtnerinnen und Gärtner das den Bibliotheksmitarbeitenden mitteilen, dann wissen wir Bescheid und dann ist das in Ordnung“, erklärt Nora Scholz.

Zurzeit arbeitet die Hochschulgruppe an der Erweiterung des Informationsangebots der Saatgutbibliothek. Neben den bereits bestehenden Pflanzen-Steckbriefen mit Hinweisen zur Aussaat, Pflege und Ernte will das Team einen Leitfaden mit Antworten auf häufige Fragen und Erklärvideos zu verschiedenen Themen erstellen.

Die Eröffnung der Saatgutbibliothek kann die grün-alternative Hochschulgruppe am KIT als vollen Erfolg verbuchen: „Der Andrang war enorm. Wir sind mit rund 700 Saatguttütchen gestartet, die waren so schnell weg, dass wir noch mal die gleiche Menge nachbestellt haben“, freut sich Nora Scholz. Auch aus diesem Grund ist die Hochschulgruppe immer auf der Suche nach Mitstreitenden. Interessierte sind herzlich eingeladen, an den zurzeit noch online stattfindenden Treffen teilzunehmen oder sich via info∂gahg-karlsruhe.de mit der Hochschulgruppe in Verbindung zu setzen.

 

Text: Laura Jörger
Foto: Tilam Daab

31.03.2022