Markus Grotz
Noémie Jaquier posiert für ein Portrait.

Vom Legoset zu intelligenten Robotern

Noémie Jaquier ist KI-Forscherin und arbeitet am High Performance Humanoid Technologies Lab (H²T) des KIT daran, Roboter mittels Künstlicher Intelligenz leistungsfähiger und effizienter zu machen. Ihr Ziel ist es, Roboter raus aus dem Labor oder der Fabrik rein in den Alltag zu bringen, sodass sie die Menschen dort unterstützen können.

Für ihre Arbeit wurde die Wissenschaftlerin vor Kurzem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Gesellschaft für Informatik e.V. als KI-Newcomerin 2023 ausgezeichnet. Wir haben sie zu ihrer Forschung sowie zu ihrer Meinung zu aktuellen KI-Themen befragt.

Wie kam es dazu, dass Sie heute in der KI-Forschung arbeiten?

Noémie Jaquier: Als ich klein war, hat mir mein Vater ein kleines Roboterauto aus Lego geschenkt, das man mit dem Computer steuern konnte  –  ich war ein riesen Fan davon. Seitdem interessiere ich mich für Robotik. Später habe ich meinen Bachelor-Studiengang dann explizit so gewählt, dass ich etwas mit Robotik machen kann. In dieser Zeit habe ich auch meine ersten Kurse in Maschine-Learning belegt. Spätestens nach dem Master in Robotik wusste ich dann, dass ich im Bereich Robotik und KI promovieren will.

Nachdem ich meinen Doktortitel an der EPFL in der Schweiz gemacht habe, wollte ich im Grunde genommen für ein Postdoc ins Ausland gehen. Eigentlich wollte ich tatsächlich weit weggehen, aber dann kam Corona dazwischen und ich musste die Idee aufgegeben. Deutschland war in Bezug auf die Forschung zu Robotik und KI angesehen und nahe genug. Als ich das High Performance Humanoid Technologies Lab (H²T) des KIT entdeckt habe, habe ich mich direkt beworben. So bin ich nach Karlsruhe gekommen.

Was ist für Sie das Besondere an Ihrer Arbeit?

Jaquier: Ich denke, mir gefällt die Herausforderung. Ich muss immer wieder eine ganze Reihe von Problemen lösen, wenn wir wollen, dass Roboter wirklich in der realen Welt agieren können. Ich denke dabei hauptsächlich an die Unterstützung im täglichen Leben und die Interaktion mit Menschen –  nicht nur in Fabriken.

Zudem mag ich es sehr, dass in der Robotik viele verschiedene Disziplinen gemischt werden. Ich benötige also nicht nur Fähigkeiten aus der Robotik und KI, sondern auch aus der Mathematik und weiteren Disziplinen. Das ist sehr herausfordernd, denn es gibt immer etwas zum Nachdenken, Lösen oder Umsetzen auf irgendeine Art und Weise. Ich denke, das ist das Coolste an meiner Arbeit.

Was sind Ihre Erfahrungen als Frau in der KI-Forschung?

Jaquier: Ich denke, in dem Bereich, in dem ich arbeite, sind Frauen immer noch in der Minderheit. Während meiner Promotion war ich zum Beispiel die einzige Frau im Labor. In meiner jetzigen Forschungsgruppe am KIT hingegen sind wir viel mehr Frauen – das ist großartig. Mittlerweile gibt es auch Programme, um Mädchen zu zeigen, dass KI interessant ist und dass sie es auch studieren können. Ich denke daher, dass das Verhältnis in ein paar Jahren tatsächlich ausgewogener sein könnte.

Wird KI auf lange Sicht der Menschheit schaden oder nützen?

Jaquier: Ich bin der Ansicht, das hängt sehr davon ab, was wir damit machen. Es ist unsere Verantwortung, in gewisser Weise. Natürlich kann KI wie jede andere Technologie Schäden verursachen, aber ich bin der Meinung, KI kann auch viele Vorteile haben. Das gilt auch für Themen wie ChatGPT. Die Leute reden jetzt über die Gefahren sowie die Vorteile von KI und ich habe das Gefühl, dass es auch in den wissenschaftlichen Gemeinschaften eine Art Reaktion gibt. Die Forschenden merken, dass sie darüber nachdenken müssen, was sie tun und wie das Erforschte später verwendet wird.

Ich hoffe, dass diese Art von Reflexion und globaler Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Gemeinschaft, auch im Austausch mit der Gesellschaft, dazu führen wird, dass KI in der Zukunft nützlich statt schädlich sein wird. Aber letztendlich liegt es in unserer Verantwortung.

Wie kann KI den Menschen helfen?

Jaquier: Roboter können beispielsweise in der Gesundheitsversorgung helfen, um Menschen in Krankenhäusern und Altenheimen zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wird dann oft gesagt: „Roboter werden uns die Arbeitsplätze wegnehmen.“ Aber der Punkt ist, dass Roboter den Menschen bei den Dingen helfen werden, die für sie schwierig, langweilig oder mühsam sind. Dadurch haben sie mehr Zeit, um wirklich sinnvolle Dinge zu tun.

Ich hoffe auch, dass wir in einigen Jahren persönliche Roboter haben werden, die zu Hause sind und all die langweiligen Aufgaben für uns erledigen werden  –  wie zum Beispiel das Reinigen des Hauses. Dafür braucht es jedoch noch einiges an Forschung.

Text: Jannick Holste
Foto: Markus Grotz

19.5.2023