Markus Breig, KIT
Rebecca Spiecker im Labor.

Der schonende Blick ins Innere

Zum Abschluss der Reihe „women@KIT“ blickt clicKIT mithilfe von Röntgenbildern auf verborgene Strukturen und Prozesse in lebenden Organismen. Die Technologie erlaubt allerdings nur einen Blick für wenige Sekunden bis Minuten, um das Erbgut nicht zu stark zu schädigen. Diese Beschränkung möchte Dr. Rebecca Spiecker auflösen. Als Postdoc arbeitet sie an Methoden, mit denen sich die Strahlendosis einer hoch aufgelösten Röntgenaufnahme reduzieren lässt.

Seit der Entdeckung der Röntgenstrahlung durch den namensgebenden Physiker Wilhelm C. Röntgen ist es möglich, das Innere des Körpers sichtbar zu machen. Doch fügt die Strahlung dem Erbgut irreparable Schäden zu, weshalb es dieser nur kurz ausgesetzt werden darf. Dieser Umstand limitiert sowohl die Aufnahmedauer als auch die Bildauflösung. Rebecca versucht, genau dieses Problem zu lösen: Am Synchrotron, einem Teilchenbeschleuniger, der sehr intensive Strahlung erzeugt, setzt sie sich mit dosiseffizienter Röntgenbildgebung auseinander. „Wir wollen die Probe so wenig wie möglich beleuchten, um beispielsweise längere Beobachtungszeiten von biologischen Vorgängen zu ermöglichen“, erklärt Rebecca das Ziel, das sie am Institut für Photonenforschung und Synchrotronstrahlung des KIT verfolgt.

Kniffe bei der Mikroskopie reduzieren Strahlung

Der Fokus ihrer Arbeit liegt auf der Phasenkontrastmikroskopie, bei der sie im Unterschied zum herkömmlichen Mikroskopieren nicht die Lichtmenge misst, sondern die Phasenverschiebung von Wellen. Das verstärkt den Kontrast des untersuchten Objekts, wodurch feinste Strukturen sichtbar werden – auch bei geringerer Strahlenbelastung. Die Wissenschaftlerin kombiniert diesen Ansatz mit einem sogenannten Bragg-Mikroskop und einem photonenzählenden Detektor. Ersteres besteht aus zwei möglichst perfekten Siliziumkristallen, die zwischen Objekt und Sensor angebracht werden. Die Oberflächen der Kristalle werden nicht symmetrisch zur ihrer molekularen Gitternetz-Struktur geschnitten, was die Reflexionsrichtung der eintreffenden Strahlung ändert – ein weiterer Kniff zur Erhöhung der Auflösung und Reduktion der Strahlenmenge. 

Videoaufnahmen von Lebewesen möglich

Diese von ihr entwickelte Mikroskopie-Methode konnte die Physikerin bereits erfolgreich in einer Pilotstudie mit parasitischen Schlupfwespen umsetzen: Die Forschenden konnten diese per Röntgenbildgebung in ihren Wirtseiern sichtbar machen und beim Schlüpfen beobachten. Unter einem normalen Lichtmikroskop hätte sich dieser Vorgang nur von außen verfolgen lassen. Die reduzierte Strahlendosis ermöglichte Einblicke ins Innere der Eier und lieferte 30 Minuten lang mikrometergenau aufgelöste Bilder, ohne dass hinterher Strahlenschäden festzustellen waren. „Mit konventionellen Detektoren wäre das nicht möglich gewesen“, sagt Rebecca.

In einem weiteren Projekt kehrte sie die Methode mit einem „Bragg-Demagnifier“ um, der das Röntgenwellenfeld nicht vergrößert, sondern verkleinert. Damit konnte die Physikerin den benötigten Abstand zwischen dem Objekt, den geschliffenen Kristallen und dem Sensor verkleinern. „Das Funktionsprinzip konnte ich bereits in einem Pilotexperiment zeigen. Das war herausfordernd, da für die Kristalle sehr stabile Mechaniken benötigt werden“, erzählt Rebecca. Derzeit richte das Institut nun einen Messplatz am DESY-Synchrotron in Hamburg ein, um unter anderem die Bragg-Magnifier-Technologie zu etablieren: „Wir wollen die Stabilität und Präzision der Kristallmechaniken der Bragg-Magnifier wie auch der Demagnifier verbessern.“

Maximilian Ferber, 27.2.2025

WOMEN@KIT

Anlässlich des Internationalen Tags der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft am 11. Februar steht dieser Monat im Jubiläumsjahr am KIT ganz im Zeichen der Frauen. In der Serie women@KIT stellen wir in clicKIT vier Nachwuchswissenschaftlerinnen am KIT vor.

 

Bereits erschienen:

 Die Batterieforscherin

 Die Kryotechnikern

 Die Geologin

 

Weitere „women@KIT“-Geschichten aus dem Exzellenzcluster 3D Matter Made to Order findet ihr hier