Markus Breig, KIT
Drei Studierende stehen mit ihrem Professor vor KATRIN.

Groß, größer, KATRIN

Es gibt am KIT wenige Orte, an denen die einmalige Verbindung von Universität und Helmholtz-Zentrum so viele Vorteile bietet wie bei KATRIN. An der Neutrinowaage können Studierende hautnah in der Großforschung arbeiten und unser Verständnis vom Universum verändern.  

Wie schwer ist ein Neutrino? Dieser Frage gehen Forschende beim Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment (KATRIN) nach. In der 24 Meter langen, 10 Meter hohen und 200 Tonnen schweren Vakuumröhre werden die winzigen Elementarteilchen vermessen. Dabei sind nicht nur die Dimensionen der Forschungsanlage und die der untersuchten Teilchen einzigartig, sondern auch, wie die Forschung durchgeführt wird – oder besser mit wem. Dr. Joachim Wolf vom Institut für Astroteilchenphysik erklärt das Besondere: „Es gibt kein vergleichbares Großforschungsprojekt am KIT, bei dem Studierende so direkt und aktiv mitarbeiten können wie hier bei KATRIN.“ So sehen es auch die drei Studierenden Hanna Henke, Markus Schulz-Ritz und Sarah Untereiner, die ihre Bachelorarbeiten an dem Experiment absolviert haben.

„Der Sprung von Theorie zu Praxis war bei KATRIN besonders groß. Endlich hat das, was man im Studium gelernt hat, einen Sinn ergeben“, sagt Sarah. Ähnlich sieht es auch ihr Kommilitone Markus: „Sarah und ich haben ‚KATRIN in klein‘ mit einem Vakuum-Testzylinder aufgebaut. Als wir ihn zum ersten Mal eingeschaltet haben und er funktioniert hat, hatte ich einen richtigen Wow-Moment.“ Während Sarah und Markus direkt an der Vakuumröhre als neues Praktikumsexperiment gearbeitet haben, hat Hanna die Forschungsdaten aus dem großen KATRIN-Experiment analysiert. „Das Beste ist, dass man als studentische Hilfskraft oder während der Abschlussarbeit direkt an der Forschung mitarbeiten darf.“

Geisterteilchen wiegen

Neutrinos sind sehr leichte, elektrisch neutrale Elementarteilchen, die selten eine Reaktion mit anderen Teilchen eingehen, weshalb Forschende sie nur aufwendig finden und messen können. Bei KATRIN wird dazu eine indirekte Methode verwendet: Das dort eingesetzte radioaktive Tritium, ein Isotop des Wasserstoffs, besitzt einen instabilen Atomkern, der unter Freisetzung von Energie zu Helium zerfällt. Die Energie wird in Form eines Elektrons und eines Neutrinos freigesetzt. Im Vorfeld können die Forschenden mithilfe des Energieerhaltungssatzes berechnen, wie sich die Energie zwischen Helium, Neutrino und Elektron aufteilt. KATRIN misst nun die Energie des Elektrons und sucht nach Abweichungen zum errechneten Wert. Diese fehlende Energie, die bei der Erzeugung der Neutrinomasse aufgebraucht wird, kann dann dem Neutrino zugesprochen werden.

Physik hautnah erleben

„KATRIN ist ein einzigartiges Experiment, das weltweit keine direkte Konkurrenz hat. Es kann nur hier in Karlsruhe durchgeführt werden“, erklärt Betreuer Wolf. Auch die Studierenden sind begeistert von der Arbeit im Bereich der Großforschung. Markus findet vor allem den praktischen Aspekt spannend: „Im Studium verbringt man normalerweise viel Zeit am Schreibtisch oder vor dem Computer und macht Berechnungen. Bei KATRIN hingegen kann man die Physik wirklich hautnah erleben.“

Auch Sarah wurde durch die praktische Arbeit motiviert: „Das Studium ist nicht immer unterhaltsam. Die Arbeit hier zeigt einem, was praktisch möglich ist, und spornt dazu an, das Studium durchzuziehen.“ Datenanalystin Hanna konnte dank des Projekts ihre Studienrichtung klarer definieren: „Durch KATRIN habe ich gezielt bestimmte Vertiefungsmodule gewählt. Da ich direkten Einfluss auf die Forschung nehmen kann, plane ich, meine Masterarbeit hier zu schreiben.“ Bei KATRIN erforschen also nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Geheimnisse des Universums – das Experiment bietet auch eine unvergleichliche Möglichkeit für Studierende, aktiv daran mitzuwirken.

Maximilian Ferber, 1.8.2024