Laila Tkotz, KIT
Die teilnehmenden Studierenden posieren gemeinsam für ein Gruppenbild.

Student Innovation Lab: Mitmachen, um Ideen zu verwirklichen

Universitätslehre muss nicht einem strikten theoretischen Lehrplan folgen, sondern kann auch forschungsorientiert, innovativ und praktisch sein: Das zeigt das Student Innovation Lab (SIL) am KIT. Hier können Studierende nicht nur Ideen in die Realität umsetzen, sondern im besten Fall ein Grundgerüst für ihre Zukunft bauen.

„Das Student Innovation Lab bietet Studierenden die Chance, innerhalb einer Lehrveranstaltung, bestehend aus Seminaren und Laboren, Gründungsideen zu verfolgen. Die interdisziplinären Teams haben neun Monate Zeit, um den Prozess von der Ideenfindung über die Prototypenentwicklung bis zu einem finalen Produkt zu durchlaufen, um am Schluss ihr Geschäftsmodell einer Jury zu pitchen“, erklärt Sean Kille vom Institut für Regelungs- und Steuerungssysteme  des KIT, der für die Organisation des SIL verantwortlich ist.

Eine Idee, die gewachsen ist

Die Idee dazu hatten vor vier Jahren zwei Professoren am KIT, die den theoretischen Lehrplan mit projektorientierter Praxis füllen wollten. Mit drei weiteren Professoren wurde die Vision im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts weiter ausgestaltet. „Seitdem haben wir das SIL laufend durch weitere beteiligte Professuren und Themen erweitert – mittlerweile können Masterstudierende der Fächer Elektrotechnik, Informationstechnik, Mechatronik, Informatik, Wirtschaftswissenschaften und -ingenieurwesen, Chemie- und Bioingenieurwesen sowie Maschinenbau mitmachen und sich innerhalb ihres Studienmoduls bewerben“, so Kille.

Christin Eckerle vom Institut für Entrepreneurship des KIT hebt hervor: „Um innovative Produktideen hervorzubringen, deren wirtschaftliches Potenzial zu identifizieren sowie den Mut zu haben, die Ideen zu vermarkten, braucht es unternehmerisches Denken. Genau dies möchten wir den Studierenden im Rahmen von SIL näherbringen.“ Insgesamt sieben Institute des KIT sowie der ZEISS Innovation Hub beteiligen sich mit ihrer unterschiedlichen fachlichen Expertise an der Lehrveranstaltung.

Begleitende Ideenfindung für die Praxis

„Bei mir war der Anreiz für das SIL klar: Ich wollte im Studium mehr praktische Erfahrung sammeln und im Optimalfall nah am Unternehmen arbeiten“, sagt Erik Oberschulte genannt Beckmann, der Elektro- und Informationstechnik studiert und dieses Jahr am SIL teilgenommen hat. Zu Beginn des Kurses stand das Finden einer innovativen Idee, die ein aktuelles Problem auf dem Markt löst, im Vordergrund. Durch Seminare und Vorlesungen, an denen auch kooperierende Unternehmen teilnahmen, bekamen die Studierenden Grundlagen von Innovationsmanagement und Systementwicklungsmethoden vermittelt. Dazu zählten auch beispielsweise Fächer wie Finanzen oder Geistiges Eigentum.

„Dadurch bekommen die Teilnehmenden Einblicke in die vielen Bereiche rund um den Ideen- und Gründungsaufbau“, meint Kille. „Mögliche Unsicherheiten können abgebaut und unternehmerische Fähigkeiten vermittelt werden, um eine Idee weiterzuentwickeln.“ Im Zuge der Veranstaltungen in den ersten drei Monaten suchten die Teams, die von den Organisatoren anfangs zusammengestellt wurden, nach Herausforderungen in verschiedenen Anwendungsfeldern und entwickelten Lösungen nach Kriterien wie Machbarkeit und Marktpotenzial.

Sechs Teams, fünf verschiedene Labore

Für die Erarbeitung der ersten Prototypen durften die Studierenden anschließend fünf Labore mit unterschiedlichen Schwerpunkten nutzen: Automation, Industry 4.0, Interconnected Intelligent Systems, Computer Vision for Health und Food Extrusion. Erik und seine Gruppe entwickelten während der neun Monate im Projekt „SignMeUp“ eine App, die mithilfe von KI-Methoden die Gebärdensprache der Gehörlosen für hörende Menschen übersetzt.

Kieu Anh Dang, die Wirtschaftsingenieurwesen am KIT studiert und ebenfalls dieses Jahr am SIL beteiligt war, hat mit ihrem Team im Projekt „gECO“ einen personalisierten digitalen Energieberater erfunden. „Wir haben ein Sensorsystem entwickelt, das zu Hause Daten zu Temperatur und CO2 messen kann und Tipps gibt, welche Maßnahmen möglich sind, um den Energiekonsum zu senken“, so Kieu.

Grundgerüst für die Zukunft

Am Ende steht die Abschlussveranstaltung des SIL, die dieses Jahr unlängst stattfand. Dort pitchen die Teams ihre Ideen, Prototypen und Geschäftsmodelle vor einer Jury. Die Gruppe gECO hat den Preis „Darling of the Audience“ gewonnen. Nächstes Jahr geht es dann mit neuen Ideen in die nächste Runde. „Ohne das SIL hätten wir weder die Unterstützung noch die technischen Tools dazu gehabt, eine Idee zu finden und umzusetzen“, hebt Kieu hervor. „Es ist ein aufwendiges Projekt, das Zeit und Energie kostet, aber viel Spaß macht. Man arbeitet mit Menschen aus anderen Fachbereichen zusammen, lernt deren Arbeitsweisen kennen und verfolgt ein gemeinsames Ziel. Dabei lernt man auch, dass gemeinsam und interdisziplinär vieles machbar ist.“ Erik und Kieu zufolge sei es insbesondere der Kontakt zu verschiedenen Unternehmen, der durch das SIL entstanden ist, den sie besonders zu schätzen wissen – vor allem für die Zeit nach dem Studium.

„Einige Ideen werden sogar aktuell mit dem Ziel einer Ausgründung weiterverfolgt. Aber auch unabhängig davon können die Studierenden beim SIL ein gutes Grundgerüst für ihre Zukunft aufbauen – ob durch Kontakte mit Unternehmen oder anderen Studierenden, technisches Know-how oder weiterführende Projekte. Jedes Jahr sehen wir spannende Geschäftsmodelle, die den Innovationsgeist der KIT Studierenden deutlich machen“, sagt Kille. „Wer Ideen nicht nur besprechen, sondern auch realisieren will, ist bei uns richtig.“

Text: Aileen Seebauer
Foto: Laila Tkotz, KIT

17.8.2023