Vorlesung im Himmel: Wie Studierende zu (Über-)Fliegern werden
Theoretische Grundlagen sind wichtig und richtig. Als Forschungsuniversität hat sich das KIT aber auch die forschungsorientierte Lehre und das forschende Lernen auf die Fahne geschrieben, um praktische Kompetenzen zu fördern. Deshalb haben die Hochschulgruppe Akaflieg und das Institut für Strömungsmechanik (ISTM) eine gemeinsame Vorlesung konzipiert, die beides zusammenbringt.
Seit die Menschheit in den Himmel schauen kann, träumt sie vom Fliegen. Davon zeugen auch Mythen wie der um Ikarus, dessen Vater Dädalus für sich und seinen Sohn Flügel konstruierte, nachdem sie von König Minos in das Labyrinth des Minotaurus gesperrt wurden. Bis heute strahlt das Fliegen eine Faszination aus, der sich nur die Wenigsten entziehen können. Diesen Traum erfüllen sich die Studierenden der Hochschulgruppe Akaflieg Karlsruhe. Doch es geht den Jungakademikerinnen und -akademikern noch um mehr: „Wir haben uns der Forschung und Entwicklung im Bereich der Luftfahrt verschrieben“, sagt Ferdinand Elsner, aktives Mitglied der Akaflieg. „Aus der Forschung leiten wir verschiedene Bauprojekte ab. Diese planen, bauen und fliegen wir selbst.“
Lange Vorlaufzeit und ein Perspektivwechsel
Um die Praxiserfahrung direkt mit den theoretischen Grundlagen zu verbinden, hat die Akaflieg zusammen mit dem Institut für Strömungsmechanik des KIT die Vorlesung „Aerodynamik“ auf die Beine gestellt, deren Praxis-Highlight ein Testflug mit einem Segelflieger war. Die Teilnehmenden sollten dabei ein Gefühl für die praktische Arbeit bekommen. Die Vorbereitungen für die Vorlesung dauerten ein knappes Jahr, die beiden Projektpartner bekundeten schon früh gegenseitiges Interesse.
Dennoch gab es Herausforderungen. Ferdinand erinnert sich zurück: „Als Flugzeughersteller haben wir einen großen Erfahrungsschatz zum Gesamtsystem Flugzeug. Am KIT sind wir die Einzigen, die Flugzeuge betreiben.“ Jedoch war der Austausch mit den Dozierenden des ISTM notwendig: „Für mich war der Perspektivwechsel vom Studenten zum Dozenten die größte Herausforderung. Das ISTM half dabei, die hochschuldidaktische Perspektive sowie Werkzeuge und Wissen über Strömungsmechanik in die Vorlesung einzubringen.“
Mitfliegen: Nicht zum Spaß, sondern zum Testen
Das Highlight der Vorlesungsreihe war, dass die Studierenden mit einem Segelflieger mitfliegen durften. Damit die Flügel am Ende nicht wie bei Ikarus in der Sonne davonschmelzen, muss das Abheben gut geplant werden. Während der Grieche der Legende nach die Flügel aus Wachs und Federn bastelte, geht die Hochschulgruppe deutlich professioneller vor. „Da unsere Pilotinnen und Piloten aufgrund ihrer Tätigkeit beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt oder als Fluglehrerinnen und -lehrer bereits überdurchschnittlich ausgebildet sind – sowohl im ingenieursmäßigen Fliegen als auch didaktisch – mussten wir sie für die Veranstaltung nicht besonders schulen“, erzählt Ferdinand.
Die Flüge waren aber keine reine Bespaßung, sondern wurden aus der Ingenieursperspektive bestritten. Das bedeutet, dass mit den Fliegern eine Art Erprobungsflug gemacht wurde. Die Studierenden erlebten den Flug nicht aus der Perspektive eines Passagiers, sondern aus der einer Testflugingenieurin. Doch nicht alles ist planbar: Der Termin des Testflugs musste wetterbedingt mehrmals verschoben werden. Damals wie heute haben die Ingenieurinnen und Ingenieure eben nicht alles in der Hand.
Maximilian Ferber, 28.03.2024