„Im Bachelor musst du alles ausprobieren“
Am Anfang ihres Physikstudiums in Valencia plagten Karina Trindade Ribeiro Zweifel. Am Ende des Bachelors nicht mehr. Heute sagt sie: „Go for it! Probiere alles aus, besonders das, was du nicht kannst.“
„Physik habe ich gewählt, weil ich wissen wollte, wie alles funktioniert. Ich fand das Fach schon in der Schule supercool“, sagt sie. Dass sie mit ihrer Studienwahl als Frau auch heute noch eine Ausnahme ist, spielte keine Rolle: „Ich war immer in meiner eigenen Welt. Es hat mich nicht interessiert, wie sich Mädchen normalerweise verhalten.“ Dennoch startete sie mit Zweifeln in das Studium: „Das ist bestimmt sehr hart und du musst superintelligent sein, um das zu schaffen, das reicht bei dir nicht“, befürchtete sie. Freundinnen und Freunde sowie Verwandte waren anderer Ansicht, das gab ihr Mut. Nach drei Jahren Bachelor zweifelte sie nicht mehr: „Ich habe in der Zeit die Erfahrung gemacht, dass ich Aufgaben lösen konnte, bei denen ich zuvor keine Idee hatte, wie das gehen soll.“
Durch Ausprobieren den eigenen Weg finden
Geholfen hat ihr dabei, dass sie bereits während des Bachelors in der Abteilung Optik ihrer Universität an Forschungsprojekten mitarbeiten konnte. Der Bachelor ist für sie die Zeit, sich zu orientieren, daher ihr Rat an Studierende: „Im Bachelor musst du alles ausprobieren, dann weißt du, was für dich am besten funktioniert.“ Mindestens genauso wichtig: „Verurteile dich nicht, wenn du etwas falsch gemacht hast, das ist normal. Lerne daraus und mache weiter.“
Für Karina war die Richtung nach ihrem Bachelor klar: angewandte Forschung auf dem Gebiet der Optik – und das im Ausland. Bei den Gemeinsamen Erasmus-Mundus-Masterstudiengängen wurde sie fündig: Sie erhielt ein Stipendium für das Europhotonics-Programm. Nach dem ersten Semester in Marseille wechselte sie ans KIT. „Ich wollte mich mit Photonik beschäftigen, und das KIT ist darin sehr gut“, sagt sie. Ihr gefiel außerdem die anwendungsorientierte Ausrichtung.
Forschung für die preisgekrönte Masterarbeit
Ihre Masterarbeit, für die sie den Applied Photonics Award erhalten hat, entstand im Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT) des KIT. Das Projekt befasste sich mit einem Material, das passiv Wärme abstrahlt, sodass es sich selbst kühlt, ohne Energie zu verbrauchen. Die Idee: Kombiniert mit Photovoltaik und Solarthermie in einer Anlage lässt sich auf einen Streich Luft kühlen, Strom erzeugen und Wasser erwärmen. Karinas Anteil an diesem Projekt war es, die Anlage zu simulieren. „So etwas ist noch nie gemacht worden, es war nicht klar, ob das überhaupt funktioniert“, sagt sie.
Eine perfekte Aufgabe für die Masterandin: „Du hast eine Idee, musst aber nichts bauen. Du kannst es am Computer ausprobieren, und wenn es hakt, kannst du es ändern.“ Ihre Simulation zeigte, dass es funktioniert. Mit dem Programmieren will Karina weitermachen. Am liebsten in einer größeren Stadt im Ausland und in einem Start-up oder einem größeren Unternehmen. In welcher Branche, da ist sie offen. Hauptsache am Laptop an virtuellen Lösungen schrauben.
Regina Link, 7.11.2024