Zu Besuch beim Bundesbankpräsidenten und der EZB
Wie arbeiten die obersten Währungshüterinnen und -hüter des Euroraums? Wie funktioniert das Zusammenspiel von nationalen Notenbanken und EZB? Diese und weitere Fragen bekamen Studierende des KIT ganz exklusiv in der Bundesbank beantwortet – auf persönliche Einladung des Präsidenten
Montag, 07:30 Uhr, am Campus Süd. Das ganze KIT schläft. Das Ganze? Nein, eine kleine Gruppe von Studierenden traf sich, um in das nicht allzu ferne Frankfurt zu reisen. Dort besuchten sie jedoch nicht den Römer, sondern einen Alumnus der Uni. Dieser erhielt letztes Jahr eine Heinrich-Hertz-Gastprofessur am KIT und ist kein geringerer als Dr. Joachim Nagel, Präsident der Bundesbank und qua Amt Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank.
Studieninhalte in der Praxis und Plauderrunde mit dem Präsidenten
„Als Herr Nagel die Heinrich-Hertz-Professur bekam, habe ich ihn gleich angesprochen“, erzählt Hubert Lechner mit funkelnden Augen „da konnte er nicht nein sagen!“ Der KIT-Alumnus und gut vernetzte Lokalpolitiker konnte gemeinsam mit Martin Ruckes, Professor für Finanzwirtschaft und Banken am KIT, eine Exkursion zu den wichtigsten Finanz- und Bankinstituten in Frankfurt initiieren. Mit dabei war auch Simon. Der Masterstudent steht kurz vor seiner Abschlussarbeit und nutzte die einmalige Chance, die Häuser des Geldes von innen zu sehen: „Ich habe mich angemeldet, um endlich mal zu sehen, wo unsere Studieninhalte ganz praktische Anwendung finden.“
Gelegenheit dazu bekam er direkt am Sitz der Zentrale der Bundesbank in Frankfurt. Nagel empfing die Studierenden persönlich. Der Bundesbankpräsident erzählte beispielsweise, wie eine Sitzung des EZB-Rats abläuft, dem höchsten Beschlussorgan der EZB. Dort wird die Geldpolitik des Euroraums festgelegt. Der EZB-Rat besteht aus der Präsidentin Christine Lagarde, den fünf weiteren Mitgliedern des Direktoriums sowie allen Gouverneuren der nationalen Notenbanken der Euroländer, die zweimal im Monat zusammen tagen.
Nagel nahm sich viel Zeit für die Studierenden, beantwortete alle Fragen und hörte gemeinsam mit den angehenden Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern den anschließenden Vorträgen zu – etwa darüber, wie die Bundesbank geldpolitische Entscheidungen trifft. Die Vorträge behandelten aber auch aktuelle Studien zum Zielkonflikt von kurzfristigen Gewinnen und langfristiger ökologischer Nachhaltigkeit.
Einblicke in das europäische Zentralbankensystem
Den Austausch zu geldpolitischen Themen führten die Studierenden bei einem gemeinsamen Mittagessen mit den Fachreferentinnen und -referenten fort. Gestärkt fuhr die Exkursionsgruppe weiter zum EZB-Tower. Dort hörten sie sich einen Vortrag von Professor Dieter Gerdesmeier über die Struktur und Funktionsweise des europäischen Zentralbankensystems an. Der gebürtige Südbadener ist seit 17 Jahren Sekretär des Monetary Policy Committee. Letzteres berät die Mitglieder des Zentralbankrats in geldpolitischen Fragen.
Trotz der unbeständigen Zeiten, die von den Folgen der Pandemie wie Lieferkettenproblematiken, Nachholeffekten im Konsum, Herausforderungen in Wirtschaft und Politik sowie Kriegen geprägt sind, zeigten sich sowohl Nagel als auch Gerdesmeier zuversichtlich. Konkret äußerten sich die beiden nicht zu tagesaktuellen Geschehnissen. Dennoch zeigte sich Bundesbankpräsident Nagel mit der aktuellen Inflationsentwicklung zufrieden. Und auch Student Simon resümierte: „Es war super so nah an den Köpfen der Notenbanken zu sein!“
Maximilian Ferber, 25.04.2024